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Welschnonnenkirche

1640 gründeten in Trier Augustiner Chorfrauen der Congrégation Notre-Dame aus dem Kloster des Ordens in Luxemburg einen Konvent und eine schulgeldfreie Schule für Mädchen aller Volksschichten. Gründer des Ordens waren die selige Alix Le Clerc (1576–1622) und der heilige Pierre Fourier (1565–1640) aus Lothringen. Wegen ihrer Herkunft nannte man die Augustiner Schulschwestern in Trier „Welschnonnen / Französische Nonnen“. Die Schwestern wirkten bis zur Aufhebung des Klosters 1875 im preußischen Kulturkampf.

Von 1714 bis 1717 errichteten die Welschnonnen die hochbarocke, einschiffige Kirche für Kloster und Schule. Einzigartig im Stadtbild sind der barocke Giebel mit mächtigem Satteldach, der Dachreiter und die Wetterfahne in Form eines jungen Mädchens mit erhobenen Händen. Der Kirchenraum birgt den einzigen erhaltenen furnierten Holzaltar der Stadt. Das Altarbild mit der Darstellung der Himmelfahrt Marias, die lebensgroßen Figuren der Heiligen Pierre Fourier und Augustinus und das Chorgestühl auf der Nonnenempore verweisen auf luxemburgisch-lothringische Einflüsse. Die von Säulen getragene Empore des 18. Jh. nimmt fast die ganze westliche Hälfte des Schiffes ein. Auf ihr befinden sich der Nonnenchor und die bedeutende einmanualige Barockorgel mit 11 Registern, die 1757 von Johann Philipp und Johann Heinrich Stumm aus Rhaunen-Sulzbach erbaut wurde. Am Chorgestühl sind noch reiche Ausstattungen, wie der Votivaltar des Heiligen Kreuzes und der Altar der heiligen Walburga erhalten.

Hinter dem gerade abschließenden Chor im Norden befindet sich ein kleiner zweigeschossiger Anbau, der unten als Sakristei dient. Hinter dem Hochaltar steigt man über eine steinerne Wendeltreppe zum darüber liegenden beeindruckenden ehemaligen Oratorium der Laienschwestern des Konvents empor. Dieser Raum besitzt eine wertvolle „Kölner Stuckdecke“.

Die Kirche war Modell für die 1737 errichtete Kongregationskirche des Ordens in Luxemburg, die jetzige Eglise Protestante nahe der Kathedrale. Heute ist die Trierer Welschnonnenkirche Eigentum der „Marianischen Bürgersodalität Trier von 1610“.

Vom ursprünglichen Geläut, das 1860 und 1866 durch Mabilon gegossen worden war, war seit dem Krieg nur noch die mittlere Glocke mit dem Schlagton f'' (1860) vorhanden. Im Zuge der Dachsanierung der Kirche konnte vom Priesterseminar in Trier, dessen Beton-Glockenträger baufällig war, eine kleine Glocke mit dem Schlagton b'' übernommen werden. Die kleine Glocke wurde 1615 von Heinrich Grongnart aus Dinant für das Trierer Priesterseminar gegossen und 2014 im Dachreiter der Welschnoonnenkirche eingebaut.

Einzige originale Stumm-Orgel in Trier

Die Orgel in Welschnonnen

1766 schrieb Johann Philipp Stumm in einem Brief, er habe gerade die sechste von seiner Firma erbaute Orgel in Trier aufgestellt. Vier von ihnen können wir zuordnen: Die Orgel des Agnetenklosters 1729, die vor 1754 gebaute Chororgel im Dom, die Welschnonnenorgel 1757 und das Instrument des Johannisspitälchens 1763. Aus dem neunzehnten Jahrhundert kennen wir noch zwei weitere Trierer Stumm-Orgeln, die Orgel in St. Gangolf 1829 und die der Garnisonskirche und evangelischen Pfarrkirche (Jesuitenkirche) um 1830. Von all diesen Instrumenten hat allein die Stumm-Orgel in der Welschnonnenkirche die Zeiten überdauert. Sie und die vier Jahre ältere Orgel in St. Paulin sind die einzigen Orgeln in der Trierer Altstadt, die aus dem 18. Jahrhundert stammen.

Gebaut hat sie die berühmte Orgelmanufaktur Stumm in Rhaunen-Sulzbach, eine Firma, deren qualitätvolles Arbeiten sich über 200 Jahre erstreckte, von 1720 bis 1920. Der im Trierer Bistumsarchiv erhaltene Orgelvertrag, am 10. Juli 1754 zwischen Oberin M. Charlotte Jacquemin und den Brüdern Joh. Heinrich und Joh. Philipp Stumm in französischer Sprache abgefasst, verpflichtet die Orgelbauer, Söhne des Werkstattgründers Joh. Michael Stumm, zur Lieferung eines detailliert beschriebenen Positivs von 11 klingenden Registern und angehängtem Pedal für die Trierer Welschnonnenkirche. Der Manualumfang betrug C-c‘‘‘ ohne das Cis, das Pedal hatte keine eigenen Register und reichte von C-d°, ebenfalls ohne Cis.

Nach mehreren schwerwiegenden Umbauten im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Orgel 2006 auf ihren ursprünglichen Zustand zurückrestauriert.
Die folgende Tabelle zeigt links die im Vertrag genannten Registernamen, wie sie auch heute am Spieltisch stehen, in der Mitte die bei Stumm üblichen Bezeichnungen und rechts Informationen zur Herkunft der Pfeifen.

Montre

Principal 4’

Rekonstruktion 2006

Bourdon

Hohlpfeif 8’

Stumm, 1757

Flute traversiere

Flaut travers 8’ discant

Stumm für Kues, 1830

Quinte

Quint 3’

Stumm, 1757

Flutte

Flaut/Flöth 4’

Stumm, 1757

Octave

Octav 2’

Stumm, 1757, 2 neue Pfeifen

Tierce

Tertz 1 3/5’

Stumm 1757, teilweise Rückordnung aus anderen Registern, 8 neue Pfeifen

Mixture

Mixtur 3f. 1’

Rekonstruktion 2006 mit 14 Originalpfeifen

Cornet

Cornet 4f. 4’ discant

Teilrekonstruktion 2006
73 Originalpfeifen 1757
27 neue Pfeifen

Trompette

Trompet 8’

Rekonstruktion 2006

Voix humaine

Vox humana 8’

Rekonstruktion 2006

Tremblant doux

Tremulant

Rekonstruktion 2006

Es wurde die Stimmung „Neidhardt 1732 - für ein Dorf“ gelegt; der ermittelte Stimmton liegt mit a’=427 Hz bei 16°C etwa einen Viertelton unter dem heute Üblichen.

Quinte, Flutte, Octave, Trompette und Voix humaine stehen auf bei h°/c’ geteilten Schleifen und können daher in Bass und Diskant getrennt gespielt werden. Das rekonstruierte Manualklavier wurde nach dem Vorbild der Tasten in Kirchheim-Bolanden hergestellt. Ungewöhnlich ist die beengte Unterbringung der beiden Bälge im Untergehäuse. Die Platzsituation auf der Empore ließ angesichts des Gitters zum Chorgestühl weder eine große Balganlage noch eine Windlade für eigene Pedalregister zu.

Als man sich um das Jahr 2000 entschloss, eine Restaurierung der Orgel in Angriff zu nehmen, wurde zunächst das Pfeifenwerk hinsichtlich Signaturen und bauartlicher Merkmale durch Prof. Dr. Eppelsheim (München) untersucht. Seine Forschungen bildeten die Grundlage der Rückordnung des verbliebenen Originalpfeifenwerks sowie der Ermittlung des Fehlbestands. Folgende original erhaltene Teile konnten ermittelt werden:

  • etwa 60% der Pfeifen
  • die Windlade mit Schleifen, aber ohne Ventilkasten
  • Das Obergehäuse ohne Rückwand

Fehlende Teile wie Spielanlage, Trakturen, Windanlage und Untergehäuse mussten stilgerecht rekonstruiert werden. Durch einen glücklichen Zufall wurden die geschnitzten Ohren des Untergehäuses wieder in einem Schuppen auf dem Hunsrück entdeckt, auch erhielt  man eine Flaut travers aus der Orgel der Weißen Väter in Trier, die in ihrer Kirche Teile der Kueser Stumm-Orgel von 1830 aufgestellt haben. Für die Trompete diente das entsprechende Register aus der Orgel von Meckenbach bei Kirn als Vorbild (Stumm, Ende 18. Jh.); die Vox humana wurde dem Register in Kleinich (Stumm 1809) nachgebaut. Dem Kanaltremulant liegt das Vorbild Schweinschied (Stumm 1834; heute in Baumholder) zugrunde. Die Manualtasten wurden im Stil der Stumm-Klaviaturen von Kirchheimbolanden rekonstruiert.

Der Auftrag ging an die Werkstätte Rainer Müller in Merxheim/Nahe, welche bereits reichhaltige Erfahrung bei Restaurierung und Rekonstruktion stummscher Werke gesammelt hatte. Die Wiedereinweihung durch Weihbischof Jörg Michael Peters war am 18. März 2007. Am Nachmittag des gleichen Tages spielte Ton Koopman aus Amsterdam das erste Konzert, das der SWR Mainz aufzeichnete und später sendete. 

Zu ihrem 250. Geburtstag im Jahr 2007 hat die Stumm-Orgel der Welschnonnenkirche ihre ausdrucksstarke Klangvielfalt und konstruktive Geschlossenheit zurückerhalten. Die mustergültig, streng nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten restaurierte Welschnonnenorgel ist ein großer Gewinn für das Trierer Musikleben. In Gottesdiensten und Konzerten klingt sie zur Freude der Menschen und zur Ehre Gottes.

Disposition seit Restaurierung 2007

Manual - C - c3 ohne Cs
Pedalumfang C - d° ohne Cs
angehängtes Pedal ohne eigene Register

Montre 4’
Bourdon 8’
Flute traversière 8’ Diskant
Flutte 4’ Bass/Diskant
Quinte 3’ Bass/Diskant
Octave 2’ Bass/Diskant
Tièrce 1 ½‘
Mixture 3f.
Cornet 4f. 4‘ Diskant
Trompette 8’ Bass/Diskant
Voix humaine 8’ Bass/Diskant
Tremblant

 

 

 

 

Bass-Diskantteilung zwischen h° und c’
Temperatur „Neidhard für ein Dorf, 1732“.
Stumm’scher „Chorton“: 427 Hz bei 16°C.
Winddruck 73 mm Wassersäule