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Das heutige Max-Planck-Gymnasium

Kaiser-Wilhelm-Gymnasium Trier

Die Orgel des heutigen Max-Planck-Gymnasiums in Trier wurde 1913/14 von der bekannten Bonner Orgelbaufirma Johannes Klais als op. 516 erbaut. Sie hat 2 Manuale und Pedal mit insgesamt 9 Registern. Durch diverse Oktavkoppeln konnte (und kann wieder) trotz der geringen Registerzahl eine erstaunliche Vielfalt von Klangfarben erreicht werden. Die Spiel-, wie auch die Registertraktur ist bis heute pneumatisch (Kegellade).
 

Originale Disposition (1913/14), 2010 rekonstruiert

I. Hauptwerk
1. Manual
C - g3

Prinzipal 8'
Flauto 8'
Oktave 4'

II. Hauptwerk
2. Manual
C - g3
ausgebaut bis g4

Viola 8'
Bordun 8'
Vox coelestis 8'
Flauto traverso 4'

Pedal
C - f1
 
Subbaß 16'
Zartbaß 16'

Koppeln: Normal-Koppeln (II-P,I-P,II-I)
Sub II-I, Sup II-I, P, MF, T, 1 freie Kombination

Am 10. Januar 1914 wurde das neue Gebäude des Kaiser Wilhelm-Gymnasiums in Trier (heute Max-Planck-Gymnasium) in Betrieb genommen und gleichzeitig mit diesem prunkvollen neugotischen Bauwerk auch die neue Aula-Orgel eingeweiht. Orgeln dieses Typus an Schulen stellten damals keine Besonderheit dar. Sie wurden an den Gymnasien zur Begleitung von Schulandachten, besonderen Festen oder Feiertagen, zu Schulkonzerten aber auch für den Orgelunterricht genutzt.

Die Aulaorgel des Max-Planck-Gymnasiums ist fester Bestandteil des architektonisch bedeutsamen und denkmalgeschützten Raumes:
Zinnenbekrönt wie die 2.80m hohen Boisserien der Aula oder die Türgewände der Schule erhebt sich die Orgel in der rechten Ecke der Stirnwand auf der Bühne. Der Prospekt besitzt einen Übergangsstil zwischen Romanik und Gotik, der sich über eine Lang- und eine Schmalseite des Gehäuses erstreckt. Vermutlich geht der Gehäuseentwurf auf den königlichen Baurat Fülles zurück, von dem auch die Pläne zum Gymnasium stammen. Die Einbindung des Architekten in den Gehäuseentwurf ist für alle Klais-Generationen nachweisbar und lässt auch hier die Beziehung bis hin zu den reichen Maßwerkfenstern oder der 13,5m hohen Holztonne erkennen. Die heutige farbige Fassung der Orgel geht auf eine 1980 durchgeführte farbliche Umgestaltung der Aula zurück. Die Orgel wurde der Farbgebung des Raumes angeglichen. Ursprünglich besaß sie wohl nur einige farbig gefasste (blaue/rote?) Hohlkehlen.
Das Schleierwerk ist asymmetrisch gehalten. Die frontale Ansicht zeigt ebenfalls eine Asymmetrie, da dem rechten Turm im Gegensatz zum linken Turm in Fensternähe der äußere Pilaster fehlt und statt dessen die Eckpfeife diagonal anspricht. Dadurch ist der dem Raum zugewandte Turm schmaler. Bei der Betrachtung aus der Aula neutralisiert sich diese Asymmetrie und bleibt unbemerkt.

Der Spieltisch steht frei vor dem Gehäuse, der Organist sitzt mit Blick zur Bühne.

Die Hauptwerkslade liegt unmittelbar hinter dem Prospekt in Höhe des Prospektstocks; ein Stimmgang führt zwischen der Hauptwerks- und der an der Rückwand liegenden Positivlade zur auf Sturz stehenden Subbaßlade an der rechten Schmalseite des Werks.1931 baute Klais ein elektrisches Gebläse (Fa. Meidinger/Basel, Langsamläufer 1430 U/min) ein. Diese großen schwarzen Motoren stammten aus der 1. Generation von elektrischen Orgelgebläsen und galten schon damals als hochwertig. Der hier original vorhandene Motor läuft noch tadellos und zeigt wenig Verschleiß.
Die ursprüngliche Tretanlage für einen Calkanten (Balgtreter) samt zugehörigem Schöpferbalg ist aber noch vorhanden und durchaus funktionstüchtig. Ebenfalls original erhalten ist der schöne, sehr große Doppelfaltenmagazinbalg (2,5 x 1,1m). Er nimmt im Untergehäuse den gesamten Raum unterhalb der Laden ein.

Die Orgel der Romantik entsteht im 19. Jahrhundert. Ihr Ideal basiert auf weichen, dunklen und warmen Klangfarben, die sich sinfonisch an dem Zusammenspiel der Instrumente eines Orchesters orientieren. Daher resultieren auch viele Registernamen (z.B. Violoncello oder Geigenprinzipal) und die vielen tiefen Fußtonlagen (8').

Um die Spielart der neuen Virtuosität der Stilrichtung anzupassen und einen absolut leichten Tastendruck zu ermöglichen, erfand man das "pneumatische Traktursystem". Hierbei werden mittels Tastendruck oder Registerzug kleine Ventile geöffnet, die über lange Bleiröhrchen einen Luftdruck kleinen Bälgen mitteilen, die wiederum die gewünschte Funktion auslösen. Diese Pneumatik lässt eine absolut leichte Bedienung der Tasten, Koppeln und Register zu, bringt allerdings bei großen Entfernungen eine leichte Zeitverzögerung und bei starken Klimaschwankungen eine Anfälligkeit mit sich.

Im beginnenden 20. Jahrhundert, hierzulande erst gegen 1930 und in hohem Maß nach dem 2. Weltkrieg, galten das romantische Klangideal und die damit verbundenen Instrumente als überholt und nicht mehr zeitgemäß. Die Befürworter der Barockwerke gewannen als sogenannte "Orgelbewegung" rasch an Einfluss. Aufgrund dieser Tatsache gingen viele schöne Orgeln der Romantik verloren oder wurden "barockisiert", was in der Regel einen Verlust wesentlicher Teile des Pfeifenwerks und oft auch der heute wieder geschätzten Pneumatik zur Folge hatte.

Die Orgel des Max-Planck-Gymnasiums hat eine ähnlich bewegte Geschichte hinter sich:

  • Im Jahr 1913 von der noch heute weltbekannten Firma Johannes Klais aus Bonn erbaut, wurde sie mit dem prächtigen neugotischen Gebäude des damaligen Kaiser-Wilhelms-Gymnasiums (heute Max-Planck-Gymnasium) in Trier am 10. Januar 1914 in einem großen Festakt eingeweiht.
  • Im Ersten Weltkrieg beschädigt, diente sie dann in den Jahren der französichen Besatzung dem sog. Lycée francais (1923-30)
  • 1931 bis 1948 wurde die Schule wieder deutsch; der Schulbetrieb ruhte dann allerdings 1944-45 während der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die Turnhalle wurde schwer von Bomben getroffen und auch die Aula bekam etliche Granatsplitter ab. Durch die Druckwellen wurden die Verglasungen der Aulafenster zerstört, das schöne Maßwerk blieb zum Glück erhalten. Lange Zeit blieben die Fenster unverglast, die Orgel war Wind und Wetter ausgesetzt.
  • 1949 bis 1956 stellte die Stadt Trier der evangelischen Kirchengemeinde die Aula als Gottesdienstraum zur Verfügung, da die Konstantinbasilika noch zerstört war.
  • 1954 wurde die Orgel dann wieder spielbar gemacht und gleichzeitig umgebaut, d.h. „barockisiert“. Die Firma Kemper aus Lübeck wurde mit dem Auftrag betraut. In diesem Zusammenhang wurde ein Großteil des Pfeifenwerks verändert, umgesetzt oder ging verloren. Durch die Umdisponierung wurde der Prospektprinzipal von 8' auf 4' umgestellt. Die nun zu hohen Zwischenfelder in den Schauseiten der Orgel mussten mit rot gestrichenen Brettern hinterlegt werden.
  • Nach Baumaßnahmen in der Aula 1968 - 71 wurde das Instrument dann 1971 von der Firma Oberlinger aus Windesheim erneut spielbar gemacht, gereinigt, überarbeitet und um einen elektrisch angesteuerten Holzpommer 8' im Pedal erweitert.

Die Rückführung der Orgel auf ihren Originalzustand von 1914 war das erklärte und beschlossene Ziel des "Vereins zur Wiederbelebung der historischen Aulaorgel des Max-Planck-Gymnasiums Trier e.V."

Michael Tenschert