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Philippinische Impressionen

Der frühere Trierer Domorganist Wolfgang Oehms hatte die Ehre, die Restaurierung der weltbekannten Bambus-Orgel von Las Pinas zu begleiten und das Instrument bei den Einweihungsfeierlichkeiten zu spielen.

In MUSICA SACRA (Heft November-Dezember 1975 "Orgelkultur") berichtete er davon. Auch in den darauf folgenden Jahren war Oehms häufig an der Bambusorgel mit Konzerten zu Gast.

 

 

Hier der Artikel aus MUSICA SACRA:
Eine Orgel aus Pfeifen von Bambus

Von der Bambusorgel auf den Philippinen, dem weltweit bekannten, einzigartigen Instrument mit Pfeifen aus Bambus, das der spanische Missionar Diego Cera vor rund 150 Jahren für seine Kirche in Las Pinas erbaute, hatte ich viel gehört. Ich konnte nicht ahnen, daß ich diese außergewöhnliche Orgel einmal sehen, geschweige denn spielen dürfte. So war die Freude unvorstellbar groß, als mir die Aufgabe zuteil wurde, die einzige noch erhaltene historische Bambusorgel der Welt in ihrer Heimat in Las Pinas hohen Persönlichkeiten und den musikbegeisterten liebenswürdigen Menschen aller Schichten der Bevölkerung aus dem Lande der 7.000 Inseln vorzustellen. Durch mancherlei Veröffentlichungen hatte ich Kenntnis erhalten von den Eigenarten dieses Kleinods unter den Musikinstrumenten. Das einmanualige Werk verfügt über einen Tonumfang von FF-f’’’ und ist bei c'-cis' in Baß und Discant geteilt. Die Baßstimmen - ein Register ausgenommen - sind 4-füßig bzw. liegen darüber. Von den 22 Baß- und Discantregistern ist lediglich eines im Pedal (FF-F) spielbar. Außer den Pfeifenreihen aus Bambus hat die Orgel vier Zungenstimmen, nach spanischer Bauart horizontal aus dem Prospekt herausragend. Diesen werkeigenen Gegebenheiten entsprechend galt es, die Orgelliteratur sorgsam auszuwählen. Es mußte Musik verschiedenster Herkunft und unterschiedlichen Alters auf Tonumfang und Spielbarkeit für um eine Oktav auseinander liegende Hände überprüft werden. Besonders geeignet schienen Werke alter spanischer, italienischer und englischer Meister. Mit geringfügigen Anpassungen läßt sich diese Musik vortrefflich auf der Bambusorgel spielen. Auch kam ich zu der Erkenntnis, daß der eigene Klangcharakter und die ungewohnte Manualteilung noch besser zu demonstrieren wäre mit einer Komposition, die speziell auf diese Eigenarten hin geschrieben sei. Ich war sehr glücklich darüber, als der Komponist Günter Braun meine Idee aufgriff und ein Orgelstück für die Bambusorgel zu komponieren begann. Um eine möglichst vielfältige Vorstellung von verschiedenen Registrierungen zu erreichen, wurde die Form der Variationen gewählt.

Die Orgel war 1973 zu einer umfassenden Restaurierung in die Orgelbauwerkstatt Johannes Klais nach Bonn gebracht worden. Hier war eigens für sie ein Klimaraum errichtet worden. Bis dahin befand sie sich in einem wirklich desolaten Zustand und war mit zwei Registern nur noch kläglich wimmernd spielbar. Bevor das instandgesetzte Instrument auf die weite Reise nach dem Fernen Osten zurückgeschickt werden sollte, begehrte der Orgelbauer, sich davon überzeugen zu wollen, ob das Werk gelungen sei. Welchem Meister wäre das zu verdenken gewesen! Um die Orgel zum festgesetzten Termin Presse, Rundfunk und Fernsehen sowie einem Kreis geladener Gäste vorstellen zu können, bedurfte es seitens der Mitarbeiter des Orgelbauers äußerster Anstrengungen, die sich zuletzt auf ununterbrochene Tag- und Nachtarbeit erstreckten. Auch mußten besondere Vorkehrungen getroffen werden, um für das kostbare Instrument möglichst die gleichen klimatischen Verhältnisse mit ihrer hohen Luftfeuchtigkeit zu schaffen, wie sie auf den Philippinen herrschen. Endlich am 16. Februar 1975 war die Orgel unter einem großen Nylonzelt in der Montagehalle der Firma Klais spielfertig aufgebaut. Zwei Nächte hindurch hatten die exotischen Pfeifen und Register gewissermaßen ihre Generalprobe zu bestehen, als sie für Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen kritisch geprüft wurden.

Bei meiner ersten Begegnung mit der Orgel traf ich ein mir fast vertrautes Instrument an. Ich fand meine Vorstellungen und Erwartungen weitgehend bestätigt. Lediglich an die ausnehmend niedrige Sitzbank und die geringe Hölle der Tastatur, die etwa in 71 cm Bodenhöhe angebracht ist, mußte ich mich gewöhnen. Diese für unsere Verhältnisse außergewöhnlichen Abmessungen verwundern nicht, wenn man bedenkt, daß das Instrument nicht für Europäer, sondern für grazilere Filipinos gebaut worden ist. Auffallende Lebendigkeit, Transparenz, Farb- und Nuancenreichtum dürfen als die besonderen klanglichen Charakteristika der Bambusorgel angesehen werden. Die nahezu gehauchte Zartheit und vornehme Eleganz, aber auch die ansprechende herbe Schönheit der Bambus-Register einerseits und die schmetternden, kräftigen spanischen Trompeten andererseits, lassen den Organisten selbst nach stundenlangem Spiel nicht ermüden. Trotz der verwendeten unterschiedlichen Materialien wird beim Zusammenspiel eine wohltuende Klangverschmelzung erreicht. Schließlich läßt die sehr differenzierte Tongebung ganz vergessen, daß das Anblasen der Pfeifen über die bei mechanischer Traktur übliche Technik geschieht.

Die Philippinische Botschaft in Bonn hatte für den 18. Februar 1975 rund 400 Gäste in die Orgelbauwerkstatt Klais eingeladen, um die restaurierte Bambusorgel vorzustellen. Die Feierstunde wurde als musikalisch-kulturelles Ereignis von besonderem Rang gewertet. Der philippinische Botschafter in der Bundeshauptstadt, Mauro Calingo, bezeichnete die Bambusorgel als ein Bindeglied zwischen den beiden Völkern in sozialer und kultureller Beziehung.

„Die Liebe zur Musik", so führte er aus, „ist etwas, das Deutschen und Filipinos in hohem Maße gemeinsam zu eigen ist. Es gibt keine Sprachbarrieren zwischen uns, weil die Musik ein Medium ist, das keine Übersetzung verlangt."

Den Wahrheitsgehalt dieser Worte fand ich überzeugend bestätigt, als ich etwa drei Monate später die Bambusorgel in ihrer Heimat, der St. Josephskirche zu Las Pinas, spielte, an jener historischen Stätte, wo das Instrument vor rund eineinhalb Jahrhunderten zum ersten Mal erklang. Die außergewöhnlichen Reisestrapazen, die ich unprogrammgemäß auf dem langen Flug in den Fernen Osten zu bestehen hatte, vermochten meine Freude nicht zu schmälern, als ich am Sonntag, dem 4. Mai 1975 die Orgel in dem sakralen Raum wiedersah, für den sie disponiert und konstruiert war. Die gelungene bauliche Gestaltung des gesamten Kircheninneren, insbesondere die aus Bambusrohr gefertigte Decke und der farbenfroh gestaltete vordere Orgelprospekt verschmelzen mit dem einzigartigen Klangkörper zu einer architektonisch und musikalisch vollendeten Harmonie.

Überaus herzlich begrüßten mich die drei belgischen Missionare von Las Pinas, die Fathers Marc, Leo und Reimond. In ihrer Gemeinschaft fühlte ich mich wie unter Freunden aufgenommen. Immer wieder durfte ich während meines dreiwöchigen Aufenthaltes ihre edelmütige Gastfreundschaft in überaus großzügiger Weise erfahren. Wegen der nur etwa 400 möglichen Sitzplätze in der Kirche und der zu erwartenden großen Besucherzahl waren sechs Konzerte angekündigt, in denen ich die Bambusorgel, deren ganze Klangpracht Generationen vorenthalten war, der heimischen Öffentlichkeit vorstellen sollte. In allen Konzerten waren Chorvorträge für den unter Leitung von Prof. Engracio Tempongko stehenden "Las Pinas Boys Choir" vorgesehen, ein Knabenchor mit sehr beachtlichem Niveau. Während zwei Konzerte als Orgelsolo-Abende angekündigt waren, konnte für die weiteren vier Konzerte das CCP Philharmonic Orchestra Manila unter seinem Dirigenten Luis C. Valencia gewonnen werden. Das „Bambusorgel-Restaurationskomitee" hatte an den philippinischen Komponisten Alfredo S. Buenaventura einen Kompositionsauftrag speziell für die Bambusorgel vergeben. Das mit „Parangal" betitelte Werk ist geschrieben für Orgel, Rondalla (typisches Saiteninstrument), Bläser und Pauken. Ich traf zum ersten Mal mit dem exzellent spielenden Orchester im „Cultur-Center" in Manila zusammen. Das vor wenigen Jahren unmittelbar an der Manila-Bay errichtete Monumental-Gebäude mit seiner eigenwilligen, aber ansprechenden und wirkungsvollen Architektur verfügt über großzügige kulturelle Einrichtungen. Die Gesamtkonzeption läßt darauf schließen, daß für kulturfördernde Projekte, zumindest in der Hauptstadt, staatlicherseits hohe Investitionen nicht gescheut werden. Die Proben begannen morgens um 8.30 Uhr. Das Orchester, meist jüngere Damen und Herren, spielte unter seinem ständigen Dirigenten Prof. Valencia. Zuerst wurde das Orgelkonzert Nr. 2 C-Dur von Joseph Haydn probiert. Weil eine Orgel nicht vorhanden war, stellte man mir für den Solo-Part einen Flügel zur Verfügung. Mich beeindruckten die vorbildliche Disziplin und das persönliche Engagement der Musiker beim Probenverlauf. Die Verständigung erfolgte in Englisch. Über Tempi und Dynamik war rasch Einigkeit erzielt. Überaus wohltuend fand ich hier erneut bestätigt, in welch hohem Maße Musik ein Medium von völker- und kontinenteverbindender Ausstrahlungskraft, trotz Sprach- und Rassenverschiedenheit ist. Dieses so unmittelbar erlebte Phänomen zählt mit zu den nachhaltigsten Reiseeindrücken.

Außer Haydn war eine dreichörige Canzone (á 12) von Giovanni Gabrieli zu proben. Zwei Chöre waren den Blechbläsern vorbehalten, der dritte Chor den spanischen Trompeten der Bambusorgel. Diese festliche Musik mit ihrer kraftvollen Harmonik und natürlichen Rhythmik war für die Eröffnung der Konzerte in Las Pinas bestimmt. Es sollte dies für die Spieler und wohl auch für die meisten Zuhörer eine erste Begegnung mit venezianischer Mehrchörigkeit sein. Prof. Buenaventura selbst leitete seine Komposition „Parangat". Nach dem ersten Durchspielen des Stückes wurden kleinere Korrekturen im Notentext vorgenommen. Bald waren Solo-Part und Begleitung aufeinander eingespielt. In der Kirche von Las Pinas war in Orgelnähe ein Podium für das Orchester aufgebaut. Für die Aufführung der Canzone von Gabrieli waren die Bläser an verschiedenen Stellen der Kirche aufgestellt. Die ausgezeichnete Akustik des Kirchenraumes trug wesentlich dazu bei, daß alle Instrumente und Chorstimmen sich zu einem wohlklingenden Klangkörper vereinigten. Das Gotteshaus war ständig umlagert von freudestrahlenden, heiteren Menschen jeden Alters und Geschlechts. Ihre erwartungsfrohen Mienen sprachen für sich. Am Vorabend des Galakonzertes machten verschiedene Rundfunk- und Fernsehgesellschaften Aufzeichnungen von der Generalprobe.

Der Beginn des Galakonzertes am 9. Mai 1975 ist auf 19.30 Uhr festgesetzt. Die Veranstalter haben das Kircheninnere mit exotischen Gewächsen und erlesenen bunten Blumenarrangements der tropischen Vegetation des Landes festlich ausschmücken lassen. Mit rund einer Stunde Verspätung beginnt das Konzert. Die zahlreich erschienenen Ehrengäste werden angeführt von der First Lady, Mrs. Imelda Romualdez-Marcos, der Gattin des philippinischen Staatspräsidenten. In ihrem Gefolge befinden sich hochgestellte Persönlichkeiten, auch die Botschafter Belgiens und der Bundesrepublik in Manila, die Herren Van den Brande und Eger sowie vom Goethe-Haus in Manila Dr. Kühne. Die prominenten Gäste geben durch ihre Anwesenheit zu erkennen, daß die Wiedereinweihung der Bambusorgel von Las Pinas als nationales und kulturelles Ereignis von ganz besonderem Rang zu werten ist. Nachdem das Orchester die Nationalhymne gespielt hat, mit der jede offizielle Feier im Land begonnen wird, eröffnet Gabrielis Canzone für Bläser und Orgel die Programmfolge. Prof. Hernandez, Organist der Kathedrale in Manila, unterstützt mich in kollegialer Weise beim Registrieren.

Die vielfältigen Klangfarben der Orgel, die bis zu dieser Stunde dem aufmerksam folgenden Auditorium unbekannt waren, lassen sich an einem viersätzigen Voluntary von John Stanley reizvoll demonstrieren. Fasziniert blicken die Zuhörer hinauf zur Orgelempore. Hellauf begeistert brechen sie freudig bewegt, sogar nach den einzelnen Sätzen, in spontane Bravo-Rufe aus. Als Orgel und Knabenchor den Choral „Jesus bleibet meine Freude" aus J. S. Bachs Kantate 147 in einer Bearbeitung für die Bambusorgel intonieren, wächst die Aufmerksamkeit zu knisternder Spannung. Es ist ein ganz besonderer Reiz, der von den hellen Knabenstimmen in Verbindung mit dem cantablen Orgelklang ausgeht. Von großer Musikalität zeugt auch die Interpretation des „Ave verum" von W. A. Mozart wie auch der „Filipinischen Messe" von Lucrecia R. Kasilag, einer Dame, die das heimische kulturelle Schaffen musikalisch maßgeblich beeinflußt. Günter Brauns Liedvariationen „Du mein einzig Licht" und Haydns Orgelkonzert werden wie alle Beiträge mit lang anhaltendem Applaus bedacht. Die das Konzert beschließende Uraufführung von Buenaventuras „Parangal" bringt zu später, ungewöhnlich heißer Abendstunde den triumphalen Höhepunkt. Komponist, Solist, Orchester und nicht zuletzt der bisher noch nicht erwähnte Restaurator der Orgel, Hans Gerd Klais, werden stürmisch gefeiert. Ich bedanke mich für die nicht endenwollenden Ovationen mit eigenen Bearbeitungen philippinischer Volkslieder. Nach dem Konzert überreicht man dem Orgelbauer, einem historischen Brauch der Orgelbauerzunft zufolge, die mit Wein angefüllte größte Bambuspfeife. In einem Trinkspruch übermittelt Mrs. Marcos ihre und des Präsidenten Glückwünsche zur gelungenen Restaurierung der einzigartigen Orgel. Ich selbst erfahre viele rührende Beweise herzlicher Verbundenheit und Zuneigung, die mir unvergessen bleiben. Das fremdländische Fluidum glückstrahlender Gesichter beflügelt mich, möglichst allen Autogrammwünschen bereitwillig nachzukommen. Echt verwundert äußern sich immer wieder Gäste, darunter viele Amerikaner und Australier, über den ausdrucksvollen, farbigen und differenzierten Klang der Orgel. Erleichtert atme ich in der schwülen Tropennacht auf, als wir nach einem gemütlichen Beisammensein in kleinem Kreise diesen denkwürdigen und bedeutungsvollen Tag beschließen.

Auch die folgenden Konzerte fanden ein weitreichendes Echo und waren trotz des für philippinische Verhältnisse hohen Eintrittsgeldes ausverkauft. Vor allem die junge Generation zeigt sich an europäischer Orgelmusik sehr interessiert. Bei der natürlichen Musikalität, der begeisternden Spontaneität und der allgemeinen Lernwilligkeit dieser jungen Leute dürfte es meines Erachtens nicht allzu schwierig sein, einzelne besonders Begabte im Orgelspiel auszubilden. Father Leo Renier, einer der drei in der Gemeinde tätigen Priester und Gründer des Knabenchores in Las Pinas, hat bereits konkrete Vorstellungen in dieser Hinsicht. Seine unermüdlichen Bemühungen auf kirchenmusikalischem Gebiet verdienen besonders gewürdigt und unterstützt zu werden.

Für die mannigfachen Erlebnisse am Rande, mögen die folgenden stehen: In der vornehmen und bekanntesten, etwa 250 km nördlich von Manila gelegenen Kur- und Touristenstadt Baguio spricht mich in der Hotelhalle ein Herr an. “Are you Mr. Oehms, the player of the bamboo-organ"? Es macht ihm sichtlich Spaß, daß es ihm gelungen ist, mich als den Organisten der Bambusorgel zu identifizieren. Wenn man bedenkt, daß alle Zeitungen in großer Aufmachung, oft auf den Titelseiten, über die Feiern in Las Pinas berichteten, ist diese Begegnung in Baguio allerdings nicht so sehr verwunderlich. Hinzu kommt, daß Funk und Fernsehen Orgel und Veranstaltungen sehr ausführlich würdigten. Das Thema „Bambusorgel" ist in aller Munde überall im Land. Bei Rundfunk- und Fernsehinterviews, die vielfach „live" gesendet werden, habe ich die unterschiedlichsten Fragen zu beantworten. In einer Pressekonferenz ist eine Journalistin begierig zu wissen, was ich beim Spielen der Bambusorgel empfinde. Spontan antworte ich: „When I play it I forget my fingers. I remember only my soul". Als ich anderntags diese Worte in „The Times Journal" gedruckt lese, wird mir erst recht bewußt, wie treffend, wenn auch nicht ohne einen Hauch von Poesie, die Charakterisierung gelungen ist.

Wir unternehmen eine fünftägige Autoreise, um mehr von Land und Leuten zu sehen und zu erfahren. Unsere Fahrt geht einige hundert Kilometer weiter in den bergigen Norden der philippinischen Hauptinsel Luzon. Sie bringt uns auch nach Baguio, das ich bereits erwähnte. Mein besonderes Interesse gilt der tropischen Vegetation und dem Ackerbau, der hier mehr oder weniger Reisanbau bedeutet. Alle Phasen dieser vorwiegend recht beschwerlichen Arbeit lerne ich kennen. Hier ist nicht der Raum, über diesen erlebnisreichen Trip ausführlich zu berichten. Zusammenfassend läßt sich sagen: Das vorwiegend gebirgige, unwirtliche, verkehrsmäßig mehr als stiefmütterlich erschlossene Land bürdet seinen Bewohnern - in Verbindung mit den ungünstigen klimatischen Gegebenheiten harte Lebensbedingungen auf. Industrie, abgesehen von Zuckerrohrverarbeitung, ist lediglich in kleinen, kaum nennenswerten Ansätzen vorhanden. Man lebt ausgesprochen bescheiden, arm, mitunter sogar armselig, ist dabei aber genügsam, zufrieden, ja heiteren Gemüts und betont gastfreundlich gegenüber jedermann. Dem Fremden begegnet man aufgeschlossen mit einer uneigennützigen, grenzenlosen Hilfsbereitschaft.

Zum Ausgangsort unserer strapaziösen Reise zurückgekehrt, regt Father Marc Lesage, der Hauptpfarrer von Las Pinas und Organisator der Konzerte an, die Bambusorgel für alle Interessenten bei freiem Eintritt - nach den Pfingstgottesdiensten zu spielen. Alle Schichten der rund 90.000 Einwohner zählenden Satellitenstadt vor Manila, besonders aber Jugendliche und Kinder machen sehr zahlreich Gebrauch von diesem Angebot. Ich spüre immer wieder, daß die Bambusorgel für diese meist einfachen Menschen mehr als nur ein Musikinstrument ist. Sie sehen in ihr auch ein Symbol, das Vergangenheit und Gegenwart verbindet und eine Erinnerungsbrücke zu ihren Ahnen schlägt. Immer wieder applaudieren die kleinen und großen Zuhörer, deren Mienen von beneidenswerter natürlicher Anmut zeugen. Zwischendurch erläutere ich die vorgetragenen Kompositionen. So schaffe ich noch engeren Kontakt zu den in kurzer Zeit mir liebgewordenen Menschen.

Die vorgesehene Aufenthaltszeit in Las Pinas geht zu Ende. Wie gerne würde ich noch länger bei den mir freundschaftlich verbundenen Menschen bleiben und last not least auch der Bambusorgel zuliebe. Die Pfarrgemeinde veranstaltet zu Ehren der Gäste aus dem fernen Europa eine großangelegte Abschiedsparty, hier „Programm" genannt. Mit bunter Folkloristik, Tänzen, Sketches, Songs und dem hier so beliebten Hahnenkampf werden wir in unterhaltsamen „Lehrstunden" mit Sitte und Gebräuchen des Landes recht anschaulich vertraut gemacht. Bestechender Liebreiz und Charme, auffallende ungekünstelte Natürlichkeit aller Mitwirkenden zeichnet die Darbietungen aus. Wir Gäste werden mit Erinnerungsgeschenken aller Art überhäuft.

Sie haben mir den Abschied nicht leicht gemacht, diese bezaubernden Menschen. Ich habe sie ins Herz geschlossen, sie und ihre Orgel aus Pfeifen von Bambus.